Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll… also starte ich mal mit unseren Rahmenbedingungen. Ich habe zwei Jahre Elternzeit. Das Kindlein ging mit (fast) 14 Monaten das erste Mal in eine Kita. Wir haben keinen Zeitdruck und sie wird maximal sechs Stunden täglich in die Einrichtung gehen. Es ist ein Naturkindergarten. Die Gruppe besteht erst aus drei Kindern und wird nach und nach neu aufgebaut. Somit sind gerade zwei Erzieherinnen für drei Murkel da. Soweit so gut.
Warum gebe ich mein Kind mit einem Jahr in den Kindergarten?
Ein Jahr ist ja eigentlich falsch.. ich habe extra noch zwei Monate drauf gepackt… was auch gut war, da sie innerhalb dieser acht Wochen noch mal einen riesigen Sprung machte. Wie dem auch sei… ich gebe sie in erster Linie – da bin ich schonungslos ehrlich – in den Kindergarten, weil ich die Betreuung, wie sie sie braucht weder stemmen kann, noch will. Sie langweilt sich extreeem schnell. Und hey, ich kann nicht jeden Tag mit ihr ins Einkaufszentrum, in dem sie dann mit voller Freude Kleiderständer durcheinanderwirbelt.
Sie braucht mehr – das wollte sie schon mit etwa 10 Monaten. Zu Hause sein? Laaangweilig. Und ich bin eigentlich der Meinung, dass ich mir ziemlich viel habe einfallen lassen. Wir sind so viel draußen, im Wald, auf dem Spielplatz, in der Stadt, bei Freunden, waren in Krabbelgruppen und diesen üblichen Treffen. Aber nichts desto trotz war sie halt einfach immer unzufrieden. Ein Tag im Freibad bedeutete wiederum ein völlig ausgeglichenes und zufriedenes Kind. Aber wie ich schon schrieb: ich kann und will ihr das einfach nicht jeden einzelnen Tag ermöglichen. Es geht nicht – Punkt. Ich brauche nach über einem Jahr der völligen Selbstaufgabe einfach auch Zeit für mich. Aber dazu hatte ich ja schon einiges geschrieben.
Wie lief die erste Woche?
Das Kind startete die Eingewöhnung zeitgleich mit einer kleinen Minimaus, die wir schon aus der Krabbelgruppe kannten. Die ersten Tage waren wir Mamas mit dabei, erkundeten mit unseren Kleinen alle Räumlichkeiten und auch den riesigen Außenbereich. An Tag drei verzogen wir uns dann schon mal in eine andere Ecke, so dass wir nicht mehr gesehen wurden. Klappte alles ohne irgendwelche Probleme. In der zweiten Woche durfte ich dann auch schon mal eine halbe Stunde gehen. Dann eine Stunde. In der dritten Woche waren es 1 1/2 Stunden. Es gab kein Verabschieden – ich bin immer dann gegangen, wenn sie es gerade nicht mitbekam. Das lief sehr gut. Aktives Verabschieden hätte nicht funktioniert – da waren Erzieherinnen und ich uns einig. Am Ende der dritten Woche versuchten wir es mit 2 1/2h und Mittagessen in der kleinen Minigruppe.
Dann war alles anders.
Ich holte am Donnerstag ein ziemlich weinendes Kind ab. Es war nicht extrem schlimm, aber eben auch nicht gut. Sie ließ sich halt irgendwann nicht mehr trösten, Essen ging gar nicht. Am Freitag versuchten wir es erneut. Ein Fehler! Ich holte ein sich völlig eingeschrienes Kind ab. Knallrot. Verschwitzt. Panisch. Nach Luft japsend. Als ich den Raum betrat verlor ich kurz meine Gesichtsfarbe und fand sie auch irgendwie nicht wieder. Ich schloss mein wimmerndes Etwas in die Arme und hielt sie einfach nur. Sie beruhigte sich ewig nicht… und aß danach immerhin ein bisschen Nachtisch. Sie schrie zwar nur wenige Minuten, aber die reichten aus um alles komplett zu zerstören, das Vertrauen war hinüber.
Folgen?
Ich durfte am Wochenende plötzlich keine Türen mehr schließen. Sie schrie sofort wie verrückt. Sie wollte plötzlich keinen Mittagsschlaf mehr machen und schlief einfach irgendwo vor völliger Erschöpfung gegen 16.00 oder 17.00 Uhr ein. Dadurch ging es dann auch Abends viel zu spät ins Bett. Ich musste das Tragetuch wieder heraus kramen und sie so ganz sanft in den Schlaf wiegen, was sehr gut funktionierte. Außerdem war ich plötzlich die Böse. Mama doof. Papa lieb. Mein Herzchen blutete, wenn sie morgens weinend am Treppengitter stand als der Papa seine Schuhe anzog und zur Arbeit fuhr. Essen und Trinken klappte plötzlich noch schlechter. Ich spürte sehr sehr deutlich, dass es nicht gut war, was da passiert war.
Das Kindlein wurde krank – drei Wochen Arbeit pfutsch.
Wir konnten in Woche vier von Montag bis Donnerstag nicht in den Kindergarten. Und sind dann am Freitag wieder hin… sie klebte an mir wie Kaugummi. Ich blieb, nach Absprache mit den Erzieherinnen, die ganze Zeit da. Wir haben uns lange unterhalten und ich hatte schon Angst vor Sätzen wie „Also wir müssen jetzt aber langsam mal vorwärts kommen!“ Gott sei Dank blieb so etwas aus… im Gegenteil! Die Erzieherinnen waren sehr verständnisvoll und einfühlsam. Das Kindlein ist sensibel, bedürfnisstark und eben besonders. Aha. Ok. Ahnte ich schon. Ist aber was anderes, wenn du es noch mal gesagt bekommst. :/
Fazit des Gesprächs: die nächsten Wochen muss ich erst mal wieder dabei bleiben und auch langfristig wird es erst einmal auf wenige Stunden vormittags hinaus laufen – wir hatten zu früh zu schnell getrennt. Wir müssen wieder Vertrauen aufbauen, nach und nach. Bedacht. Bin ich dabei. Nun waren wir gestern auch wieder da… und sie lässt sich nach wie vor von keinem Kind anfassen, von den Erzieherinnen ganz zu schweigen. Wehe ihr reicht auch nur einer die Hand um ihr nach einem Sturz hinauf zu helfen. Brüllattacke. Mamaaaaaa!
Was macht mich verrückt?
Ich wusste ja schon immer, dass sie eben so ist wie sie ist. Sie mag fremde Menschen nicht, Kinder schon gar nicht. Sie beobachtet viel und gerne und ist extreeeem skeptisch. Ich war so stolz, dass es schon in Woche zwei für eine halbe Stunde ohne irgendwelche Probleme ging! Aber… das große Aber… und dieses ganze ätzende Vergleichen… die anderen Kinder sind da alle ohne Probleme nach zwei Wochen eingewöhnt. Mit Essen. Mit Schlafen. Mit Tschüss sagen zu den Eltern. Und ich sitze da nun und höre in regelmäßigen Abständen von Erzieherinnen und Kindern!!! „na, bist ja immer noch hier!“ Das gibt mir dann schon zu denken. Sie rastet ja schon aus, wenn ein Kind sie nur berührt. Wie soll das werden, wenn es über das übliche „ei machen“ hinaus geht? *grübel*
Hätte hätte??
Hätte ich etwas anders machen können? Müssen? Meine oberste Priorität war schon immer Urvertrauen aufzubauen.. das hat sie. Sie lief im Kindergarten schon am ersten Tag aus meiner Sichtweite durch die Gegend und streunte was das Zeug hielt. Aber mein Hirn rattert. Ich weiß zum Beispiel, dass das zweite Kind aus ihrer Gruppe gerne mal von der Mama weinen gelassen wird wenn es Abends ins Bett geht. Seitdem schläft sie durch… hat auch keine Probleme mit Fremden. Und ich Idiot habe immer versucht mein Kind zu trösten. Versteht ihr was ich meine? Das macht mir zu schaffen, obwohl ich mir keiner „Schuld“ bewusst bin.
Und nun?
Wir gehen weiter… denn: sie ist nach wenigen Stunden wirklich kaputt und ausgeglichen. Sie geht gerne mit mir durch das Tor, spielt dort ausgiebig. Der Kindergarten ist toll. Die Erzieherinnen sind toll. Sie gehen komplett auf das Kind ein und geben mir Tipps und Ratschläge, die sich bestmöglich umsetze. Ich habe ein gutes Gefühl. Aber ich muss zugeben, dass ich nach diesen zwei Tagen schon übers Abbrechen nachgedacht hatte. Dabei will ich stark sein. Und ich bin weiß Gott keine von den Mamas die heulend aus dem Kindergarten rennen, weil sie eigentlich die Trennung gar nicht wollen. Soll ja Eltern geben, die erst mal den Prozess lernen müssen – nicht die Kinder. In den wenigen Stunden Freizeit habe ich mich vollends entspannt, den Haushalt gemacht, stupide Dinge erledigt. Ich war happy mit dem bisschen Zeit für mich und freute mich, wenn ich das Kindlein wieder abholen durfte. Es war einfach schön. Und ich hoffe, dass wir da bald wieder hinkommen. Ganz ganz fest!
Das wird wohl leider auch nur die Zeit richten. Ich hätte dir gewünscht, dass es so gut wie in den ersten Tagen klappt, also wirklich schade.
Das Schlimmste wäre für mich auch, wenn von den Erzieherinnen kein Verständnis kommt, aber ihr seid bestimmt auch nicht die ersten, bei denen das so abläuft, auch wenn man das in dem Moment oft so empfindet. Dir wünsche ich jetzt auf jeden Fall weiterhin starke Nerven, und dass deine Kleine doch wieder das nötige Vertrauen fasst.
Ganz liebe Grüße,
Franzi
Seit einigen Monaten lese ich fleißig deinen Blog und da meine Tochter nur ein wenig jünger ist (jetzt fast 1 Jahr) ist es immer spannend zu lesen, was uns vielleicht bald erwartet 🙂 (Was das Schlafen, Stillen und Quengeln angeht, sind sich unsere Kleinen wohl sehr ähnlich 😉 )
Wir stecken auch gerade in der Kita-Eingewöhnung, daher hat mich deine Erfahrungen zu dem Thema besonders interessiert und ich fühle mit dir, wenn nicht alles so klappt, wie erhofft.
Auch wenn ich kein Profi auf dem Gebiet bin, hat mich bei deiner Schilderung gewundert, dass die ersten längeren Trennungsversuche immer ohne Verabschieden gemacht wurden?! Sowohl bei den diversen Kita-Besichtigungen als auch jetzt bei unserer Kita wurde immer gesagt, dass das Verabschieden besonders wichtig ist bzw. das Kind immer bewusst mitbekommen soll, wenn Mama/Papa geht und man sich nicht heimlich davon machen soll, da das die Kinder, wenn sie es dann irgendwann merken, (dass Mama/Papa nicht mehr da sind) überhaupt nicht nachvollziehen können. Zugegeben, bei unserer ersten Verabschiedung, nach der ich für eine Stunde hinter geschlossener Tür in einem Nebenraum gewartet habe, hat sie mit kurzen Unterbrechungen nur gebrüllt (Erzieherin hatte sie aber die ganze Zeit auf dem Arm). Schlimm für mich anzuhören und natürlich sicher auch schlimm für sie. Die Erzieher meinten, oft müssen die Kinder erst die Erfahrung machen/lernen, dass Mama zwar geht, aber eben auch immer wieder kommt. Schon am nächsten Tag hat sie nur kurz bei der Verabschiedung geweint, sich schnell beruhigt und dann die meiste Zeit glücklich gespielt. Auch die weiteren Tage bis jetzt gab es immer nur kurz Tränen bei der Übergabe an die Erzieherin und danach war alles gut. Natürlich ist jedes Kind anders, aber da wir eben auch gerade am eingewöhnen sind, hier kurz meine Erfahrung und eine handvoll Kraft für dich – das wird schon!
Liebe Grüße, Steffi
Hallo!
Ich bin selber Erzieherin in einer Krippe und kann dir daher sagen: Du hast nichts falsch gemacht. Aber leider die Erzieherinnen. Denn, dass du gehst ohne dich zu verabschieden, hat nun hervorgerufen, dass dein Kind Panik hat dass du sie jederzeit verlässt und sie alleine lässt. Es wäre besser gelaufen, wenn du dich verabschiedet hättest. Das hätte in deinem Fall auch einen ziemlichen Stress für euch beide bedeutet, weil sie da natürlich geschrieen hätte. (Was ein gutes Zeichen ist!) Wenn sie sich dann nach ein paar Minuten von den Erzieherinnen beruhigen lassen hätte, wäre es o.k. Wenn nicht, hätte das bedeutet, dass die Trennungen noch zu früh waren (trotz langer gemeinsamer Zeit). Dann hätte eine mehrtägige Pause sein müssen, bevor man wieder mit Trennungen anfangen kann. Wenn es dann nicht geklappt hätte, würde ich Abbrechen um das Kind nicht weiter zu belasten. Ich habe schon mehrere Kinder erlebt, bei denen wir die Eingewöhnung nach vielen Wochen zugunsten der Kinder ( und der Familien) abgebrochen haben. Und das ist überhaupt nichts schlimmes!!! Ich hoffe, ich konnte dir hiermit helfen. Gruß und alles Gute für die Zukunft,
Karin
Liebe Karin,
hab vielen lieben Dank für Deinen Kommentar! Du bist ja schon die zweite, die schreibt, dass es sinnvoller gewesen wäre, sich zu verabschieden. Aber ich bin ganz ehrlich… das hätte NIE funktioniert! Wenn sie gesehen hätte, wie ich durch die Tür gehe… dann wäre auch nach 5 Jahren vermutlich alles vorbei gewesen.
Bei den anderen Kindern wurde es auch so gehandhabt und nach einigen Wochen wurde dann auch das aktive „Verabschieden“ mit -ich sage mal – ins Programm genommen. Es ist also keineswegs so, dass es nicht gemacht wird. Nur eben nicht von Beginn an. Später winken die kleinsten dann sogar durchs Fenster und strahlen dabei. Und es ist alles gut.
Ich schreibe morgen sowieso über ein kleines Update.. denn: mittlerweile ist es wieder viel besser. Ich verziehe mich einfach in eine Ecke auf dem Gelände, so dass ich im Falle des Falles sofort zur Stelle wäre und das Vertrauen nicht kaputt geht. Sie braucht einfach länger um warm zu werden. Das war so und das wird wohl immer so bleiben. Aktives „ich gehe jetzt und komme nachher wieder“ funktioniert bei der Maus glaube ich einfach nicht. Und das sagt nicht nur mein Kopf, sondern auch mein Bauchi 🙂
Hallo! Ich bin zufällig auf Deinen Blog gestoßen und finde ihn sehr lesenswert. Oft muss ich schmunzeln, denn ich erkenne mich und unsere Familie sehr oft wieder, so auch hier beim Thema Eingewöhnung. Meine große Tochter verhielt sich ähnlich wie oben beschrieben. Die Eingewöhnung verlief problemlos und die Erzieherinnen prognostizierten einen unbedenklichen Start zurück ins Arbeitsleben. Fehlanzeige. Kaum arbeitete ich wieder, durchlebten wir jeden Morgen die absolute Hölle. Meine damals 15 Monate alte Tochter muss im wahrsten sinne Verlustängste erlitten habe. Sie schrie und klammerte, ihr Weinen durchfuhr mich bis ins Mark. Alle sagten „Sie muss dadurch! Das mussten wir alle!“. Völliger Quatsch mit katastrophalen Auswirkungen. Der finanzielle Druck veranlasste mich dazu, dieses Horrorszenario ganze fünf Monate auszuhalten. Es war unvorstellbar schlimm. Sie weinte nachts herzzerreißend, wenn ich nicht neben ihr lag. Sie erlebte einen so heftigen Bruch in ihrem Vertrauen, dass ich heute noch daran arbeite, ihn auszukurieren! Nach fünf Monaten hielt ich das alles psychisch und physisch nicht mehr aus, schmiss meinen Job und nahm sie aus der Kita. Wir waren am Ende. Ich könnte jetzt noch unzählige Dinge aufzählen, die sich bei unserer Tochter gezeigt haben. Aber das würde ins Unermessliche führen. Jedenfalls attestierte mir damals unsere Kinderärztin, dass sie „Großgruppen untauglich“ sei. Wir zogen kurzerhand um, um wieder zu genesen und alles schlechte hinter uns zu lassen. Drei Monate blieb ich mit unserer Tochter zuhause, um zu regenerieren und uns wieder zu finden. Wir fanden zum Glück eine Tagesmutter, bei der sich unsere Tochter sehr wohl fühlte, sodass auch ich irgendwann wieder auf Arbeit gehen konnte, sorgenfrei! Nun viel geschrieben…was ich aber sagen will ist, dass bei solchen Fällen meistens die falschen Schlüsse gezogen werden!!! Ist mein Kind zu weinerlich? Sollte ich kinsequenter sein? Sie auch mal weinen lassen? Müssen da nicht alle durch, also auch sie??? BITTE NICHT! Niemals sind die Kinder falsch, im Gegenteil! Sie senden eindeutige Signale, sobald etwas total schief läuft und wir Erwachsene sind meist unfähig (aus welchen Gründen auch imner) die Signale zu verstehen und entsprechend zu handeln! Deshalb an dieser Stelle ein Appell an alle: Nehmen sie ihre Kinder in ihren Bedürfnissen ernst! Und bitte glauben sie mir, ich weiß wie es nach hinten los gehen kann! Erst ein radikales Umdenken und verändertes Umgehen hat unserer Tochter geholfen. Inzwischen ist sie fast vier Jahre alt und IMMER NOCH NICHT GROSSGRUPPEN TAUGLICH. Ja, so etwas kommt eben vor. Bei ihrer kleinen Schwester bin ich von Anfang an anders mit ihr umgegangen und bekam zum Dank das ausgeglichenste Baby der Welt. …Wer wissen will wie, dem empfehle ich, sich mit den Schriften von Jean Liedloff zu befassen!