Darf man so spät noch seinen Senf zu dem Thema beitragen? Ist ja eigentlich auch egal… ich habe die letzten Wochen so viel dazu gelesen und in meinem Kopf schwirrten der ein oder andere Gedanke herum.. und wie das nun mal bei uns Bloggern so ist: wir müssen das Ganze dann gleich schriftlich verarbeiten. Also habe ich mich einfach mal hingesetzt und versucht den Knoten in meinem Kopf auf die Tasten zu bringen. Bitteschön.
Worum geht es?
Regretting Motherhood – heißt so viel wie… „ich bereue es, Mutter geworden zu sein.“ Frauen quasseln also darüber, die für sie (vermutlich) falsche Entscheidung getroffen zu haben. In der Bloggerszene gab es dazu viele diffenrenzierte Artikel, viel für und wider, Verständnis, Ablehnung… die ganze Palette eben. Ich las mehrere Interviews mit Frauen, die sich ihr altes Leben ohne Kinder zurück wünschen, aber eben auch jede Menge darüber, wie toll und vor allem besser das Leben mit Kindern ist. Andere wiederum sind recht neutral und sagen lediglich, dass ihr Leben nun „anders“ ist. Nett, nicht? Wie dem auch sei… bisher bin ich in meinem Geschreibsel noch ganz ohne Wertung ausgekommen. Das erstaunt mich gerade selbst. Also ab ans Eingemachte:
Bereue ich?
Um Gottes Willen: NEIN! Nicht eine Stunde, Minute, Sekunde… Und es bleibt schnulzig: dieses Kind war und ist die beste Entscheidung unseres Lebens. Wir lieben jede Faser von ihr, jede kleine blonde Locke, jedes schiefe Grinsen und jede Träne, die ihre verwässerten Augen verlässt. Punkt. Aber darum geht es ja eigentlich gar nicht, richtig? Eher darum, ob man das Leben mit Kind bereut, all die Veränderungen, gerne auch Einschränkungen genannt.
Es gab in der Schwangerschaft einen Moment, an dem ich an der Situation fast zerbrochen wäre.. da war das Kindlein allerdings noch nicht da… ich lag, gebeutelt von Übelkeit, seit Tagen im Krankenhaus, hatte viel Gewicht verloren, konnte weder essen noch trinken, geschweige denn mich allein unter die Dusche schleppen. Zuvor hatte ich wochenlang im Bett vor mich hin vegetiert und nicht einmal die Kraft fürs Fernsehen aufgebracht. Ich fühlte mich nicht mehr wie ich.. ich wollte das nicht mehr. Und liess ganz kurz einen schrecklichen Gedanken zu: „dann geh halt“ dachte ich und weinte in das harte Krankenhauskopfkissen. Dank Infusionen ging es mir bald besser und die Gedanken verschwanden. Für Gedankenschnipsel dieser Art habe ich in jedem Fall Verständnis… sobald das Kindlein da war… kehrten Gedanken wie dieses nicht einmal mehr ansatzweise zurück in mein Gehirn. Wie sollte so etwas auch gehen?
Was hat sich bei uns verändert?
Kann ich ganz kurz und knapp beantworten: alles.
- das Haus – und vor allem das Wohn- und Esszimmer – ist ein einziges Spielzimmer
- plötzlich gibt es regelmäßige Mahlzeiten – früher ein Ding der Unmöglichkeit
- Parties beginnen plötzlich um 15.00 Uhr, nicht mehr Abends gegen 20.00 Uhr
- das Telefon dient mehr der medialen Bespaßung, weniger dem eigenen Vergnügen
- man verbringt 100% mehr Zeit draußen, an Orten, die man früher nie besucht hätte
- man plant das Wochenende
- man gibt mehr Geld für das Kind als für sich selbst aus
- Paarabend? Haha…
- …
Das war eigentlich nur ein kleiner Auszug aus dem, was sich hier verändert hat. Im Grunde genommen existiert unser Leben – wie es früher einmal war – nicht mehr. Und wisst ihr was? Ich bin froh darum. Habe ich früher einen Großteil des Wochenendes auf der Couch vor der Glotze verbracht, ziehe ich jetzt mit dem Kindlein hinaus in die große weite Welt und entdecke mit ihr das Leben. Es ist einfach viel schöner als vorher. Es ergibt alles einen Sinn. Es ist wie vorbestimmt – auf eine angenehme Art und Weise.
Bereue ich nun dieses neue Leben? Kein bisschen.. denn: ich liebe es.
Dürfen wir überhaupt bereuen?
Pauschal bereuen wir ja vieles… hätten wir doch bloß.. warum haben wir denn nur nicht? Hätte hätte und die berühmt berüchtigte Fahrradkette. Ich habe durchaus Verständnis dafür, wenn jemand es bereut mit der Bahn, anstatt dem Auto unterwegs zu sein. Oder Strecke A.. und nicht Strecke B gefahren zu sein. Aber ich kann es leider kaum verstehen, wie man ernsthaft!!! bereut, ein Kind zu haben. Ganz ehrlich? Heutzutage hat man alle Möglichkeiten sich auf dieses Ereignis einzustimmen. Da wären die Freunde: Kind ausleihen und schauen ob es passt. Dann gibt es in Großstädten zig Seminare, Spielplätze und andere Orte an denen man sich dem Thema intensiv widmen kann. Natürlich wird einen ein schreiendes Balg auf dem Spielplatz nicht davon überzeugen, eigenen Nachwuchs zu zeugen.. aber man gewinnt immerhin einen kleinen Einblick. Ich weiß noch, wie ich eine Freundin fragte: und, wie isses so mit Kind. Ihr Strahlen sagte alles.
Keine Freunde vorhanden, die schon Kinder haben? Es gibt da noch etwas anderes.. es nennt sich das Internet. Da kann man jeden verdammten Mist nachlesen. Unter anderem auch, wie es ist.. tatatataaaaaa… ein Kind zu bekommen und zu haben. Es ist geradezu voll gestopft von Mütterforen, Videos, Plattformen aller Art, Geburtsberichten, Blogs von Mamas und Papas… Mehr Information geht nicht! Man kann anhand vieler Webseiten komplette Leben verfolgen… und das über viele viele Jahre.
Ich glaube der Satz „Hätte ich das vorher gewusst“ ist bei dem Thema sehr schwierig. Jeder weiß doch zumindest ungefähr worauf er sich einlässt, oder? Das will irgendwie nicht so recht in meinen Kopf, dass jemand allen ernstes sagen kann: also das Kind, das würd‘ ich gern rückgängig machen. Ja.. sie machen Dreck. Sie hauen, treten, schreien, sauen alles ein, sie nerven, pupsen, stinken, nehmen einem alle Zeit der Welt und sie schränken einen ein – in vielerlei Hinsicht. Aber … das weiß ich doch vorher?! Nicht umsonst darf man sich schon in der Schwangerschaft die verschwommenen Gruselerinnerungen der älteren Generation anhören. Es war und ist ja alles so schrecklich – gefolgt von vielen Ratschlägen aus der Steinzeit. Kinder sind – pauschal – ja erst mal furchtbar, teuer und nervig. Sich dann letztlich doch dafür zu entscheiden, das ist doch ein großer Schritt.
Auf der anderen Seite kann ich mir natürlich vorstellen, dass es Menschen gibt, die glauben dem gewachsen zu sein. Und es dann nicht sind. Hineinfühlen kann ich mich nicht, lediglich mutmaßen. Es gibt Depressionen, unerfüllte Träume, Gefühle, die vielleicht nicht so sind, wie man es sich erhofft hat. Was macht man dann? Bereuen? Verstoßen? Anpassen? Versuchen? Kämpfen? Und geht es irgendwann nur noch um das veränderte Leben? Vielleicht ja auch darum, einer Rolle gerecht werden zu wollen, sich selbst verwirklichen zu wollen, einen Einklang, eine Balance zu schaffen. Das Thema ist einfach wahnsinnig komplex und vermutlich nicht mit diesen wenigen Zeilen abgefrühstückt. Die Diskussion an sich finde ich okay… nicht mehr und nicht weniger. Einfach weil ich denke, dass es wieder ein Schritt in die falsche Richtung ist. Wieder Bashing, wieder auf die Kinder. Bereuen ist so ein schrecklich hartes Wort. Das mag ich im Zusammenhang mit Kindern gar nicht in den Mund nehmen.
Zum Schluss…
Möchte ich mich nicht weiter aufregen… und mag sagen: ich bereue es in keinster Weise, mich für dieses Kind entschieden zu haben. Sie ist und bleibt das Beste in unserem Leben. Sie ist alles was wir brauchen, alles was wir wollen. Sie ist Familie. Und das ist – zumindest für mein Verständnis – das Wichtigste im Leben.