Hach ja. Wie schön waren die ersten Tage mit Baby M. Der Herzmann, das Kindlein und ich waren einfach nur mit Baby glotzen beschäftigt. Wie Süchtige standen wir am Laufgitter oder hockten auf dem Bett in der Wochenbetthöhle. Da lag dieser kleine zarte Mensch und schlief. Und wir konnten unser Glück kaum fassen und starrten einfach nur auf den Körper von Baby M. Auf die hellen Haare, über die wir bis heute nicht hinweg kommen, da die große Schwester fast schwarz war.. auf die kleinen Fingerchen, die Minizehen, das heftige Reagieren vom Brustkorb wenn sie Schluckauf hat. Ja einfach alles starrten wir an. Ist ja auch eine verrückte Sache. Zwei Menschen kreieren einfach so einen neuen Menschen. Und der wächst im Bauch und ist dann plötzlich da. Man muss sich dieses Wunder immer wieder bewusst machen.
Nun ja. Dann vergingen die ersten Tage. Noch von Hormonen getragen glotzte man weiter. Freute sich über jeden Pups, jedes Bäuerchen und weiße Rinnsal was da aus dem ach Gott was süßem Mündchen lief. Und die Hormone blieben.. keine Frage. Aber dann schlich sich etwas ein. Langsam, aber dann am Ende doch heftig. Kaum waren die ersten Tage mit Wochenfluss und Milcheinschuss überstanden, kam ein ganz neues Problem auf einen zu…
Die Müdigkeit
Es ist ja nicht so, dass ich nicht noch andere – schwangerschafts- und geburtsbedingte Wehwehchen gehabt hätte. Ich sage nur Eisenmangel.. mein Hb-Wert, jenseits von Gut und Böse bescherte mir so manches Schwanken von A nach B. Ständig schwarz vor Augen, rempelte ich so einige Dinge ordentlich mit den Oberarmen an. Blaue Flecke hallo! Auch sonst erholte ich mich deutlich schwieriger und langsamer von den Strapazen der eiligen Geburt. Das Kind fiel ja förmlich aus mir heraus.. wie schon das Kindlein trennten uns nur wenige Stunde von der ersten Wehe bis das Baby tatsächlich in meinen Armen lag. Mal wieder Nachts. Schon da hätte ich ja ahnen können: puh.. müde und erschöpft wirst du dich sicher irgendwann fühlen. Aber da waren ja diese Hormone noch viel krasser. Und während dem Mann sehr früh morgens auf der Wochenbettstation schon die Augen zu fielen, kuschelte ich – nach wie vor auf einer rosa Zuckerwattewolke sitzend – weiter vor mich hin.
Einschlafen im Kinderwagen? Ein gut gemeinter Rat von Außenstehenden… für uns der blanke Hohn.
Nun ja. Irgendwann nach einigen Tagen packte es mich dann auch. Himmel. Ich hatte es echt vergessen. Wie verdammt müde und erschöpft man sein kann. So ausgelaugt. So völlig fertig. Den Tränen ständig so scheisse nah. Und der Ohnmacht auch. Schmerzen der Geburt? Immer präsent gewesen, auch noch Jahre später. Nervige Schwangerschaft? Auch nicht ansatzweise in Vergessenheit geraten. Aber diese Müdigkeit.. Heftiger Mist. Da sitzt du nachts auf dem Bett und denkst du stirbst. Nicht vor Schmerzen. Sondern vor Ohnmacht. Denn: du kannst ja kaum was machen. Mittlerweile haben wir zwar so etwas wie einen Rhythmus.. also Tag/Nacht bedingt. Das heisst aber nicht, dass das Kind dann seelenruhig neben mir schläft.
Vielmehr macht es Geräusche wie ein Schaf oder auch wie ein Meerschweinchen. Es ist zum Heulen. Es quiekt und quakt und dreht und wendet sich. Es muckt und weint und schreit.. und das in äußerst seltsamen Abständen. Mal alle 10 Minuten, mal sogar alle 5.. mal einfach am Stück. Ich kann dabei – natürlich – nicht ansatzweise gut schlafen. Also gebe ich das Kind mittlerweile ungefähr so ein bis zweimal Nachts an den frisch gebackenen Papa ab. Der packt es in die Nonomo und wippt einfach, wenn es muckt. Denn: der Papa schläft viel tiefer als die Mama und wird dann wirklich erst wach, wenn Baby M. schreit. Männer und so. Ich bin durch das Kindlein schlaftechnisch gestört fürs ganze Leben. Daher brauche ich absolute Ruhe zum schlafen. Das ist furchtbar.. legt sich aber vielleicht ja im hohen Alter wieder? Wer weiß das schon.
Gibt auch kurze – ich betone KURZE – friedliche Momente!
DU BIST NICHT DU WENN DU MÜDE BIST
In der Werbung heisst es ja so schön: Du bist nicht du wenn du hungrig bist. Genauso wenig bist du du, wenn du müde bist. Sind wir ehrlich: man ist teilweise jemand anderes. Sagt und tut Dinge, die man bereut. Schlägt eine Tür zu, ist unfair zu dem Ehemann, dem Geschwisterkind und oft auch zu sich selbst. Beim Baby versucht man natürlich bis zuletzt nicht dieses Verhalten zu zeigen. Da muss man auch mal bis 10 zählen um nicht komplett zu eskalieren, ins Auto zu steigen und einfach weg zu fahren. Es klingt ja fast paradiesisch.. allein auf einen Rastplatz zu fahren, das Auro dort zu parken und einfach einzuschlafen. Muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich natürlich gerade alles etwas überspitzt darstelle? Weiß nicht. Ist ja auch egal.
Der Zombie-Modus hat uns jedenfalls im Griff. Da kann auch die letzte Nacht nix retten.. denn in der hat Baby M. das erste Mal drei sagenhafte Stunden am Stück geschlafen. Gerade eben ist mir übrigens das Kindlein im Auto auf dem Rückweg von der Kita eingeschlafen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass dieser Weg kaum mehr als einen Kilometer beträgt. Das bedeutet dann für heute: Party auf mehreren Dance-Floors. Für den Papa, die Kinder und natürlich für die dauerhaft müde Mama. Lösung? Nicht in Sicht. Wie oben schon erwähnt: Es ist schon ein Segen das Baby nachts mal für zwei Stunden an den Papa abschieben zu können. Der Papa ist ja hier eh ein „ich-kann-überall-schlafen-Mensch“… unfair irgendwie. Aber nun müssen wir uns diese sagenhafte Eigenschaft ja auch mal zunutze machen. Und so drücke ich Baby M. nach einer erfolgreich verabreichten Milchmahlzeit gerne via SMS dem Papa auf, der es brav abholt und anschließend in die Wiege packt. Dort legt er seinen Finger auf den schmalen Rand des Sackes in welchem das Baby liegt und wippt mit einer Engelsgeduld an dem Teil. Und schläft irgendwann ein. Vermutlich via telepathischer Fähigkeiten wird dann die Müdigkeit aufs Baby übertragen, welches prompt mit einschläft. Ich habe natürlich zuvor beinahe Stunden damit verbracht das Baby zum Schlafen zu bewegen.. hat natürlich nicht geklappt. Läuft mit dem Muttersein. Nicht.
Jedenfalls sind wir aufgrund dieser Regelung beide müde. Also die Eltern. Aber eben jeder zu einem gewissen Anteil… Halbe halbe sozusagen. Keiner ist so erschöpft, dass er das Gefühl bekommt instant von der nächst gelegenen Brücke hüpfen zu wollen. So kommt jeder mal auf ein bis zwei Stunden Schlaf am Stück. Und das ist in der aktuellen Situation ja beinahe wie ein 6er im Lotto. Jawohl! Ich mag gar nicht beim Kindlein nachlesen wann es besser wird/wurde. Ich weiß es nämlich noch ganz genau: das erste Jahr war einfach Horror und es wurde und wurde eher schlimmer als besser. Also jetzt schnell Augen zu und durch! Und jeder der mir mit „Schlaf doch wenn das Baby schläft“ kommt: RUHE! Das funktioniert vielleicht bei der männlichen Spezies oder bei Teenagern.. aber selten bei so schlafgeschädigten Müttern wie mir. Ich lege mich nämlich hin und just in diesem Moment schießen mir 3 Milliarden Gedanken durch den Kopf. Die werden dann verarbeitet und in ungefähr einer Stunde bin ich dann soweit einzuschlafen.. blöd nur.. das meistens nach genau 5 Minuten Schlaf meinerseits das Baby wach wird. Und man sich nach 5 Minuten… genau.. noch viel beschissener fühlt. In diesem Sinne: Schlaf Baby M, schlaf!